1519–2019 — 500 Jahre Rudolf Gwalther
Gwalther lässt sich zu Recht als Kind der Zürcher Reformation bezeichnen. In einfache Verhältnisse geboren als Halbwaise, als Ganzwaise 1532 in Bullingers Familie aufgenommen, konnte Gwalther nach Aufenthalten in England mittels Stipendien in Basel, Straßburg, Lausanne und Marburg studieren; mit der Hessischen Delegation zog er 1541 nach Regensburg an den Reichstag und das Religionsgespräch. Als Pfarrer der Kirchgemeinde St. Peter in Zürich heiratete er 1541 Regula Zwingli, Tochter des Huldrych Zwingli. Von 1542 an gehörte er zu den engsten Mitarbeitern Bullingers, 1546 wurde Gwalther Dekan des Zürichseekapitels.
Auf Bullingers Wunsch und als dessen Nachfolger wählte ihn 1575 der Rat zum Nachfolger ans Großmünster als erster Pfarrer (Antistes) des Standes Zürich.
Rudolph Gwalther war ein bedeutender und beliebter Prediger, seine Exegesen und Homilien zu fast allen biblischen Büchern wurden oft gedruckt und wiederaufgelegt, zum Teil übersetzt und fanden viele Leser. Vor allem seine Homilien über Matthäus 24 erregten als Polemik gegen das Papsttum Aufsehen und wirkten in der Zeit der Glaubenskriege stark; die von Gwalther in deutscher und lateinischer Sprache verfassten Predigten wurden in alle Sprachen der reformierten Welt übertragen. Gleichzeitig schrieb Gwalther Gedichte und wirkte als Übersetzer und Herausgeber.
Gwalther hatte regen Briefverkehr, vor allem mit reformierten Theologen, über den er Einfluss auf viele Reformatoren und Politiker ausübte und so auch die englische Staatskirche beeinflusste. Anlässlich des 500. Geburtstages Rudolf Gwalthers erscheinen im Verlag Valentin Koerner mehrere Bücher über den Theologen und Reformator aus Zürich.

» ... Nur wenig wissen wir über die Generation von Theologen und Kirchenpolitikern, die [Bullinger] nachfolgend innerhalb der Zürcher Kirche Leitungsverantwortung übernahmen. Selbst der enge Mitarbeiter und Nachfolger Bullingers, Rudolf Gwalther (1519–1586), ist bislang von der Forschung weitgehend übergangen worden. Auch für den Rezensenten trat Gwalther gegenüber Bullinger bislang deutlich in den Hintergrund. Zum Schaden der Sache allerdings. Ganz offensichtlich muss sich der Rezensent an dieser Stelle korrigieren: Denn nur der Blick auf die theologische wie kirchenpolitische Wirksamkeit Gwalthers erklärt nach Bullingers Tod den weiteren europäischen Kurs der Zürcher Kirche in politisch äußerst unruhigen Zeiten. Zudem wird durch Gwalther die Sicht auf die Zürcher Kirchenpolitik bereits zu Bullingers Lebzeiten durch eine weitere Stimme aus dem innersten Führungszirkel heraus ergänzt. «
Andreas Mühling im Jahrbuch für Rheinischen Kirchengeschichte 69 (2020)

 

  

Zum einen wird das komplette Werk Rudolf Gwalthers und dessen gleichnamigen Sohn (1552–1577) in Kurt Jakob Rüetschis Verzeichnisse zu Rudolf Gwalther erfasst. Beginnend mit dem Briefwechsel-Verzeichnis folgt das Verzeichnis der handschriftlichen Überlieferung. Der dritte Band enthält die Bibliographie der gedruckten Werke. Ein projektierter vierter Band soll eine Lebens- und Werkbeschreibung enthalten, die die Verzeichnisse auswertet und ergänzt.
Ausserdem erscheint unter dem Titel Der bibliophile Reformator eine Bibliographie der Privatbibliothek Rudolf Gwalthers, herausgegeben von Urs B. Leu und Sandra Weidmann. Diese gibt nicht nur über die den Theologen umgebende Literatur Auskunft, sie ist auch von buchgeschichtlicher Bedeutung, da die Annotationen interessante Rückschlüsse auf die Drucker- und Verlagsgeschichte der frühen Neuzeit zulassen.

Kurt Jakob Rüetschi:
VERZEICHNISSE ZU RUDOLF GWALTHER
(Walther, Gualtherus Tigurinus, Walthart) Vater (1519–1586)
und Sohn (1552–1577)
Band 1.1: Einleitung, Briefwechsel-Verzeichnis [RGB]
Band 1.2: Register RGB:
2019. 632 & 212 Seiten, je 1. Abbildung. ISBN 978-3-87320-753-0
Beide Teilbände zusammen € 168--
Bibliotheca bibliographica Aureliana 253/254

In Vorbrereitung:
Band 2: Verzeichnis der handschriftlichen Überlieferung:
Band 3: Verzeichnis der gedruckten Überlieferung
In Planung:
Band 4: Leben und Annäherung ans Werk

Sowie:

Urs B. Leu und Sandra Weidmann:
DER BIBLIOPHILE REFORMATOR
Rudolf Gwalthers Privatbibliothek. 2020. 348 Seiten, 36 Abbildungen. Leinen. ISBN 978-3-87320-755-4 € 118,--
Bibliotheca bibliographica Aureliana

Siehe auch:
Manfred Vischer: Bibliographie der Zürcher Druckschriften des 15. und 16. Jahrhunderts, erarbeitet in der Zentralbibliothek Zürich. 1992. 558 Seiten. ISBN 978-3-87320-124-8
Bibliotheca bibliographica Aureliana 124

Manfred Vischer: Zürcher Einblattdrucke des 16. Jahrhunderts. 2001. 256 Seiten, 24 Abbildungen. ISBN 978-3-87320-185-9
Bibliotheca bibliographica Aureliana 185

Sowie:
Josef Benzing / Helmut Claus: Lutherbibliographie und die
Thomas Müntzer Bibliographie in der Bibliotheca Dissidentium