Gwalther lässt sich zu Recht als Kind der Zürcher Reformation bezeichnen. In einfache Verhältnisse geboren als Halbwaise, als Ganzwaise 1532 in Bullingers Familie aufgenommen, konnte Gwalther nach Aufenthalten in England mittels Stipendien
in Basel, Straßburg, Lausanne und Marburg studieren; mit der Hessischen Delegation zog er 1541 nach Regensburg an den Reichstag und das Religionsgespräch. Als Pfarrer der Kirchgemeinde St. Peter in Zürich heiratete er 1541 Regula Zwingli, Tochter des Huldrych Zwingli. Von 1542 an gehörte er zu den engsten Mitarbeitern Bullingers, 1546 wurde Gwalther Dekan des Zürichseekapitels. Auf Bullingers Wunsch und als dessen Nachfolger wählte ihn 1575 der Rat zum Nachfolger ans Großmünster als erster Pfarrer (Antistes) des Standes Zürich. Rudolph Gwalther war ein bedeutender und beliebter Prediger, seine Exegesen und Homilien zu fast allen biblischen Büchern wurden oft gedruckt und wiederaufgelegt, zum Teil übersetzt und fanden viele Leser. Vor allem seine Homilien über Matthäus 24 erregten als Polemik gegen das Papsttum Aufsehen und wirkten in der Zeit der Glaubenskriege stark; die von Gwalther in deutscher und lateinischer Sprache verfassten Predigten wurden in alle Sprachen der reformierten Welt übertragen. Gleichzeitig schrieb Gwalther Gedichte und wirkte als Übersetzer und Herausgeber. Gwalther hatte regen Briefverkehr, vor allem mit reformierten Theologen, über den er Einfluss auf viele Reformatoren und Politiker ausübte und so auch die englische Staatskirche beeinflusste. Anlässlich des 500. Geburtstages Rudolf Gwalthers erscheinen im Verlag Valentin Koerner mehrere Bücher über den Theologen und Reformator aus Zürich.
» ... Nur wenig wissen wir über die Generation von Theologen und Kirchenpolitikern, die
[Bullinger] nachfolgend innerhalb der Zürcher Kirche Leitungsverantwortung übernahmen.
Selbst der enge Mitarbeiter und Nachfolger Bullingers, Rudolf
Gwalther (1519–1586), ist bislang von der Forschung weitgehend übergangen
worden. Auch für den Rezensenten trat Gwalther gegenüber Bullinger bislang
deutlich in den Hintergrund. Zum Schaden der Sache allerdings. Ganz
offensichtlich muss sich der Rezensent an dieser Stelle korrigieren: Denn nur
der Blick auf die theologische wie kirchenpolitische Wirksamkeit Gwalthers
erklärt nach Bullingers Tod den weiteren europäischen Kurs der Zürcher
Kirche in politisch äußerst unruhigen Zeiten. Zudem wird durch Gwalther
die Sicht auf die Zürcher Kirchenpolitik bereits zu Bullingers Lebzeiten
durch eine weitere Stimme aus dem innersten Führungszirkel heraus ergänzt. « |
Zum einen wird das komplette Werk Rudolf Gwalthers und dessen gleichnamigen Sohn (1552–1577) in Kurt Jakob Rüetschis Verzeichnisse zu Rudolf Gwalther erfasst. Beginnend mit dem Briefwechsel-Verzeichnis folgt das Verzeichnis der handschriftlichen Überlieferung. Der dritte Band enthält die Bibliographie der gedruckten Werke. Ein projektierter vierter Band soll eine Lebens- und Werkbeschreibung enthalten, die die Verzeichnisse auswertet und ergänzt. Ausserdem erscheint unter dem Titel Der bibliophile Reformator eine Bibliographie der Privatbibliothek Rudolf Gwalthers, herausgegeben von Urs B. Leu und Sandra Weidmann. Diese gibt nicht nur über die den Theologen umgebende Literatur Auskunft, sie ist auch von buchgeschichtlicher Bedeutung, da die Annotationen interessante Rückschlüsse auf die Drucker- und Verlagsgeschichte der frühen Neuzeit zulassen. Kurt Jakob Rüetschi: VERZEICHNISSE ZU RUDOLF GWALTHER (Walther, Gualtherus Tigurinus, Walthart) Vater (1519–1586) und Sohn (1552–1577) Band 1.1: Einleitung, Briefwechsel-Verzeichnis [RGB] Band 1.2: Register RGB: 2019. 632 & 212 Seiten, je 1. Abbildung. ISBN 978-3-87320-753-0 Beide Teilbände zusammen € 168-- Bibliotheca bibliographica Aureliana 253/254
In Vorbrereitung: Sowie: Urs B. Leu und Sandra Weidmann:DER BIBLIOPHILE REFORMATOR Rudolf Gwalthers Privatbibliothek. 2020. 348 Seiten, 36 Abbildungen. Leinen. ISBN 978-3-87320-755-4 € 118,-- Bibliotheca bibliographica Aureliana
Siehe auch: Bibliotheca bibliographica Aureliana 185 Sowie: Josef Benzing / Helmut Claus: Lutherbibliographie und die Thomas Müntzer Bibliographie in der Bibliotheca Dissidentium |