SAECVLA SPIRITALIA   10

Joachim KNAPE: »Historie« in Mittelalter und Früher Neuzeit. Begriffs- und gattungsgeschichtliche Untersuchungen im interdisziplinären Kontext. 1984. 590 Seiten, 54 Tafeln.

Der Begriff »Historie« gehört zu den zentralen Kulturbegriffen des Abendlandes. Die Untersuchung verfolgt die Spuren früher Auseinandersetzung mit dem lateinischen Wort »historia« im deutschen Sprachraum, dokumentiert die langsame Übernahme als Lehnwort und behandelt seine Rolle als terminus technicus in der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Literatur, Kunst und Wissenschaft. Mit ihrem umfangreichen Material leistet die Arbeit einen Beitrag zur historischen Lexikographie und Lehnwortforschung; die Untersuchungen zu literaturhistorischen Zusammenhängen führen zu neuen Einsichten in die Entfaltung von Gattungen bzw. Gattungsnamen. Es wird untersucht, welche Bedeutung der Begriff »Historie« für die Theologiegeschichte (auch Liturgiegeschichte), Musikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte hat. Seine Rolle in der Kunstgeschichte wird erstmals zusammenfassend aus den Quellen dargestellt. Für die Geschichtswissenschaft zeigt sich u.a., dass das Nachdenken über »Geschichte« in Mittelalter und früher Neuzeit zunächst immer ein Nachdenken über die literarische Gestaltung der Vergangenheit war, dass folglich das Wort »Historie« nicht das Geschehen, sondern die Überlieferungsträger bezeichnet. Die Arbeit reflektiert auch das Problem der Abgrenzung historiographischer Gattungen in Mittelalter und früher Neuzeit; sie ist ein Beitrag zu den Bestrebungen, über Begriffsgeschichte zu neuen Einsichten in historische, sozial- und geistesgeschichtliche Zusammenhänge zu gelangen. Quellen- und Literaturverzeichnis, Register.

»Es liegt ein so kompendiöses Werk vor, das [...] in wohldurchdachter und klar durchschaubarer Anordnung einen kaum zu erschöpfenden Materialreichtum darbietet und dem an Mittelalter und Früher Neuzeit interessierten Literarhistoriker, wo immer er auch auf das Wort historie stoßen mag, zumeist sehr verläßliche Auskunft gewährt.«
Peter Strohschneider in der Germanisch-Romanischen Monatsschrift.

»Ein Überblick über verschiedene Verwendungsweisen des historia-Begriffs in bildender Kunst, Musik und Wissenschaft rundet diese gründliche Arbeit ab, die sich besonders durch ihr reiches Belegmaterial Interessenten mehrerer Disziplinen empfiehlt.«
Hubert Herkommer in Germanistik.

Vom gleichen Autor:
Dichtung, Recht und Freiheit. Studien zu Leben und Werk Sebastian Brants 1457-1521.
Bildrhetorik.
Kunstgespräche. Zur diskursiven Konstitution von Kunst.
Sowie:
Poesis und Pictura. Studien zum Verhältnis von Text und Bild in Handschriften und alten Drucken. Festschrift für Dieter Wuttke.
ARTIUM CONJUNCTIO. Kulturwissenschaft und Frühneuzeit-Forschung. Aufsätze für Dieter Wuttke.

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