SAECVLA SPIRITALIA   12

Hermann WIEGAND: Hodoeporica. Studien zur neulateinischen Reisedichtung des deutschen Kulturraums im 16. Jahrhundert. Mit einer Bio-Bibliographie der Autoren und Drucke. 1984. xiv, 574 Seiten.

Die neulateinische Reisedichtung ist eine der eigenständigsten Schöpfungen des deutschen Renaissance-Humanismus. In der Arbeit wird erstmals der Versuch unternommen die Entwicklung der Gattung im deutschen Kulturraum (einschließlich der von diesem beeinflussten Gebiete) umfassend zu dokumentieren und darzustellen. Behandelt werden ca. 60 Autoren vom Ende des 15. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, die nach verschiedenen Gesichtspunkten (Chronologie, Reiseziele, Darstellungstypen, Abhängigkeiten) gruppiert werden. Ein Catalogus Auctorum gibt kurze biographische Notizen zu jedem Autor und verzeichnet alle ermittelten Drucke der Reisegedichte. Kürzere Kapitel skizzieren die antiken Voraussetzungen der Gattung und untersuchen Textgestalt und Editionsprinzipien der Hodoeporica-Sammlungen von Nathan Chytraeus und Nikolaus Reusner. Auswahlbibliographie, Register. Mit englischem Resümee.

»Eine dieser Textsorten, das Hodoeporicon oder Reisegedicht, hat nun für das Deutschland des 16. Jahrhunderts in D. Wuttkes verdienstvoller kulturwissenschaftlicher Reihe durch Hermann Wiegand zum ersten Mal eine monographische Darstellung erhalten, die wegweisend genannt werden darf.
Da die neulateinische Literatur noch immer viel zu wenig erforscht ist, mußte W. zunächst die in Betracht kommenden Texte entdecken. Zwar kam ihm zugute, daß bereits 1580 Reusner eine Sammlung lateinischer Reisegedichte herausgegeben hatte, die 'Hodoeporica sive Itinera totius fere orbis', aber W. hat sich einerseits bemüht, bei Reusners Stücken auf die Originalfassungen zurückzugreifen, und hat andererseits eine Menge weiterer Reisegedichte aufgespürt bzw. gelegentlich auch Randerscheinungen berücksichtigt (darunter bekanntere Namen wie Euricius Cordus, Ulrich von Hutten, Johannes Secundus). [...]
W.s Werk ist nicht nur die maßgebliche Darstellung der Textsorte Hodoeporicon, sondern fördert das Verständnis der ganzen neulateinischen Dichtung im Deutschland des 16. Jahrhunderts bedeutend. Außerdem reiht es sich in die Reihe jener für heute bezeichnenden Bücher ein, welche literarische Zeugnisse über Städte und Landschaften sammeln und sichten und damit erlebenswerte Orte unserer Umwelt nacherlebenswert erhalten (W. hat seinem Werk auch ein Ortsregister beigegeben).«

Eckart Schäfer in Gnomon, Band 59, 1987. Seiten 226-230.

»In seiner Monographie untersucht [Wiegand] die neulateinische Reisedichtung des 16. Jahrhunderts im deutschen Kulturraum. Mit seinem aufwendigen Unternehmen erschließt er neulateinische Gedichte über authentische Reisen von knapp 50 Autoren, die er in einem bio- bibliographischen Anhang zusammenhängend vorstellt. Die Darstellung der historischen Entwicklung der Gattung kann nicht nur zeigen, »daß die Hodoeporica zu einer von allen seit den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts sehr beliebten Gattung der neulateinischen Dichtung wurden, sondern auch, daß im Rahmen einer durch die Reihe von gemeinsamen Motiven konstituierten Homogenität eine große Variationsbreite an Sichtweisen und Interessen deutlich « wird (S. 317).«
Peter J. Brenner: Der Reisebricht in der deutschen Literatur. Ein Forschungsüberblick als Vorstudie zu einer Gattungsgeschichte. Tübingen: Niemeyer 1990. Seiten 80-83.

Siehe auch:
Andreas MIELKE: Laokoon und die Hottentotten, oder über die Grenzen von Reisebeschreibung und Satire.

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