SAECVLA SPIRITALIA   8

Helmuth GRÖSSING: Humanistische Naturwissenschaft. Zur Geschichte der Wiener mathematischen Schulen des 15. und 16. Jahrhunderts.
1983. 356 Seiten.

Der Renaissance-Humanismus war spätestens seit Ende des 15. Jahrhunderts von seinen Wissenschafts- und Bildungsinhalten her polytraditionell und universal eingestellt. In diesem Sinne war die Naturwissenschaft dieser Zeit zu einem integrierenden Teil des humanistischen Wissenschaftsbegriff geworden, wobei die Humaniora von der Idee einer scientia universalis bestimmt waren, die freilich nur teilweise und nicht immer erfolgreich in Bildungsgut und schulisches Reformprogramm umgesetzt werden konnten. Die Arbeit zeigt den Weg auf, den speziell Naturwissenschaft und Humanismus in Wien und im Wiener Umraum im Laufe des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts zuerst nebeneinander und dann miteinander gingen, bis sie schließlich zu einer Einheit verschmolzen, die als gesamteuropäisches Phänomen das Signum des reifen Renaissance-Humanismus darstellt. Das Buch bietet darüber hinaus die erste zusammenfassende Darstellung der ersten und zweiten Wiener mathematischen Schule.

»Diese ausgezeichnete Arbeit eines Wissenschaftshistorikers ist zur rechten Zeit erschienen. Die wissenschaftliche Welt würdigt im Jahre 1984 den Begründer der ersten Wiener mathematischen (und astronomischen) Schule, Johannes von Gmunden (1380/85-1442). Das Wirken der ersten und zweiten Wiener mathematischen Schule mit dem verbindenden Zwischenglied der Krakauer astronomischen Schule dokumentiert eine Epoche, die mit dem nicht ganz berechtigten Titel »Kopernikanische Wende« umschrieben wird. Vor allem ist es verdienstvoll, den Begriff der »humanistischen Naturwissenschaften« zu klären und den Integralen Humanismus als eigenständige Geistesströmung zu charakterisieren.«
Adolf Adam in den Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaften, 4/1983. Seite 109f.

»Nach dem Inhalt der Naturwissenschaften in der Renaissance, ihren Methoden, ihrem wissenschaftlichen Selbstverständnis und ihren Beziehungen zur modernen Naturwissenschaft zu fragen, ist zweifellos von großer Wichtigkeit für das Verständnis der Geschichte der Wissenschaften. Ein Aspekt dieses Komplexes ist das Verhältnis zwischen den Naturwissenschaften der Renaissance und dem Humanismus, einer der charakteristischen geistigen Strömungen dieser Zeit. Ihn für Wien, insbesondere die erste und zweite mathematische Schule, zu analysieren ist ein wesentliches Anliegen des Buches von Helmuth Grössing.«
Sonja Brentjes in der Deutschen Literaturzeitung. Jahrgang 106, Heft 7/8, Juli/August 1985.

»Wertvolle Exkurse zu Einzelproblemen und die in sich geschlossene Darstellung der Wiener mathematischen (also vor allem astronomischen) Schulen machen das Werk zur Pflichtlektüre für jeden, der sich im weitesten Sinne mit der Erforschung des Renaissance-Humanismus befaßt.«
W.-D. Müller-Jahncke in der Pharmazeutischen Zeitung, 128. Jahrgang
Nr. 37 (1983) Seite 35.

Siehe auch:
Poesis und Pictura. Studien zum Verhältnis von Text und Bild in Handschriften und alten Drucken. Festschrift für Dieter Wuttke.

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